Friday, March 16, 2018

Unternehmensgeschichte von C&A: Kapitel 1

This is German translation of the story of how C&A switched frameworks. A theoretical description of the “Rekenen in Centen, in plaats van Procenten" framework can be found via this link: www.ProfitperX.com

Wir beginnen unsere Chronik im Jahr 1906. Dies mag ein wenig seltsam erscheinen, da C&A zu diesem Zeitpunkt bereits 65 Jahre im Geschäft war – und offiziell reif für den Ruhestand. Aus der historischen Perspektive des Unternehmens macht dies jedoch durchaus Sinn. Im Jahr 1906 vollzog das Unternehmen eine innovative Kehrtwende, die bis heute das Denken der Mitarbeiter in allen C&A-Filialen beeinflusst. 1906 wurde bei C&A in Amsterdam eine zündende Idee umgesetzt, die auf einem visionären Unternehmensgeist beruhte. Deshalb beginnen wir unsere Chronik nicht im Jahr 1841, in dem das Unternehmen von den Brüdern Clemens und August gegründet wurde, sondern im Jahr 1906.

Zusammenarbeit

Um 1900 – rund 40 Jahre nach der Eröffnung des ersten Geschäfts – war das Unternehmen hauptsächlich in den nördlichen Provinzen der Niederlande aktiv und betrieb Filialen in Sneek und Leeuwarden. Der Kundenkreis bestand aus betuchten Landwirten, die damals noch von den Handelsreisenden zu Hause besucht wurden, auch wenn diese Praxis langsam ausstarb. Verkauft wurden Mäntel und hochwertige Stoffe sowie eine kleine Auswahl an Männerkleidung. Das Unternehmen hatte es sich zur Regel gemacht, die Geschäfte seiner Handelspartner zu erwerben. Damals war das Eigenkapital knapp und der Großteil des Unternehmenskapitals wurde durch Hypothekendarlehen finanziert. Um die Expansion des Unternehmens zu ermöglichen, mussten die Kosten deshalb so gering wie möglich gehalten werden.
1878 gingen Clemens und August in den Ruhestand und legten das Geschäft in die Hände ihrer Söhne Hermann, Gerard und August jr, die bereits Teilhaber des Unternehmens waren. Die drei glaubten nicht daran, dass sie und ihre jüngeren Brüder (die ebenfalls dem Unternehmen beitreten sollten), geschweige denn ihre Kinder, mit den zwei Läden in Leeuwarden und Sneek ihren Lebensunterhalt bestreiten könnten. Trotzdem kam es ihnen nie in den Sinn, das Unternehmen aufzuteilen und die Geschäfte unabhängig voneinander weiterzuführen. Schon als Kinder hatten ihre Väter ihnen vermittelt, dass ihr Unternehmen auf dem Fundament der Zusammenarbeit beruhte. Indem man wie die zwei Unternehmensgründer zusammenarbeitete, senkte man das Risiko, von einem zyklischen Markt abhängig zu sein. Da das Unternehmen Landwirte belieferte, war es auch den starken Schwankungen des landwirtschaftlichen Zyklus ausgesetzt. Hier lag das größte Risiko des Unternehmens.

Vor diesem Hintergrund beschlossen die inzwischen sieben Teilhaber im Jahr 1893, einen neuen Markt zu erschließen und einen Laden in Amsterdam zu eröffnen. Hier waren die Familien Voss und Lampe schon seit Jahren erfolgreich im Geschäft.
Eine außergewöhnliche Idee
1893 mietete das Unternehmen ein Gebäude in der Amsterdamer Einkaufsstraße Nieuwendijk (Nr. 193). Neben den üblichen Stoffen und Kurzwaren wurden auch Damenmäntel angeboten. Eine weitere Neuerung bestand darin, dass die Kunden in bar bezahlen mussten und keine Warenkredite eingeräumt wurden. Diese Entscheidung lag darin begründet, dass die Einwohner Amsterdams die Rückzahlung ihrer Schulden gerne auf die lange Bank schoben.
Drei Jahre später wurde im Jahr 1896 ein zweites Geschäft in Amsterdam eröffnet. Joseph, der jüngste Sohn von Clemens und inzwischen ebenfalls Teilhaber, hatte sich inzwischen ein


Gebäude in der exklusiven Leidsestraat (Nr. 39) gesichert. In diesem Geschäft wurden nicht nur Stoffe, sondern auch hochwertige Damenkostüme und -mäntel verkauft. Damals gehörten Mäntel, Brautbekleidung und Damenkostüme zu den exklusivsten Produkten im Schneiderhandwerk. Da Joseph diese Kleidungsstücke verkaufen wollte, betraute er eine Schneidermeisterin aus Wien mit der Leitung des Produktionsbetriebs. Sie hatte jedoch Anpassungsschwierigkeiten und verließ das Unternehmen recht schnell wieder. Ihre Nachfolgerin fand sich glücklicherweise besser zurecht. Die Kleidungsstücke, die in der Leidsestraat gefertigt wurden, waren nur für die obere Gesellschaftsschicht erschwinglich und verkauften sich sehr gut. Es gab zu dieser Zeit keine Kleidung von der Stange. Die gesamte Branche bediente ausschließlich das oberste Segment des Bekleidungsmarktes. Um 1900 kostete ein Mantel in der Leidsestraat oder Nieuwendijk beispielsweise das Vielfache des Wochenlohnes eines gewöhnlichen Arbeiters. Damit lag dieser Preis weit über dem Budget von Hausangestellten, die häufig nur für Unterkunft und Verpflegung arbeiteten.

Als Josef sich durch das Steuerregister in Amsterdam blätterte zu diesen Zeiten ein echtes Privileg – fiel ihm auf, dass alle Geschäfte in Amsterdam, einschließlich C&A, nur 4 Prozent der Bevölkerung als Zielgruppe hatten. Die restlichen 96 Prozent konnten es sich nicht leisten, in diesen Geschäften einkaufen zu gehen. Wenn man es schaffen würde, diese 96 Prozent in seine Zielgruppe aufzunehmen, könnte man die Gewinnspanne drastisch senken.
Selbst bei einer viel niedrigeren Gewinnspanne würden die dramatisch gestiegenen Absatzmengen den Reingewinn in die Höhe treiben! Joseph hatte eine einmalige Wachstumschance erkannt. Er kam zu dem Schluss, dass diese 96 Prozent nur dann als Kunden gewonnen werden konnten, wenn man die Preise an den durchschnittlichen Wochenlohn des einfachen Bürgers anpasste. Dieser lag damals bei 6 Gulden (2,75 Euro). So kam es, dass C&A Mäntel in vernünftiger Qualität für lediglich 6 Gulden anbot.

Die Entscheidung, die von den Cousins im Jahr 1906 gefällt wurde, spiegelt ihren Unternehmergeist, ihr kaufmännisches Geschick und ihren Mut wider. Sie hätten diese Entscheidung nicht treffen müssen. C&A war in den Jahren zuvor sowohl in Friesland als auch in Amsterdam erfolgreich gewesen. Laut Aussagen des Chronists Hermann Gerhard war 1898 sogar das erfolgreichste Jahr in der Geschichte des Unternehmens. In Sneek, Leeuwarden und Amsterdam (Nieuwendijk) wurde jeweils ein Umsatz von rund 100.000 Gulden erzielt. Und auch das Geschäft in der Leidsestraat erwirtschaftete einen Umsatz in Höhe von 50.000 Gulden. Insbesondere zu jener Zeit, als gesellschaftliche Veränderungen nur schleppend vonstattengingen, wäre es normal gewesen, am bewährten Pfad festzuhalten
– so wie dies auch die Wettbewerber taten. Stattdessen schlugen die Unternehmer alle Vorsicht in den Wind und betraten Neuland, indem sie einen grundlegenden Richtungswechsel einläuteten.
Möglicherweise wurde diese revolutionäre Entscheidung vom Burenkrieg in Südafrika beeinflusst. Dieser Konflikt hatte ab 1899 schwerwiegende Konsequenzen für die Diamantenindustrie in Amsterdam, die zu den wichtigsten Wirtschaftsmotoren der Stadt zählte. Es gab viele Streiks, auch in der Schiffbauindustrie, und der Lebensstandard verschlechterte sich. Die meisten Frauen nähten ihre Kleidung selbst und waren gezwungen, sich in Tücher zu hüllen, da sie sich keine Mäntel leisten konnten. Für die Austräger, die

Waren an die wohlhabenderen Bevölkerungsschichten lieferten, war es völlig indiskutabel, ihren Frauen einen Mantel zu kaufen.

Der Durchbruch
Bis zum Ersten Weltkrieg wurden Kleidungsstücke in den Niederlanden praktisch nie in Serie hergestellt. Jegliche Bekleidung wurde in kleinen Werkstätten in Privathaushalten gefertigt. Berlin war zu dieser Zeit der größte Bekleidungsproduzent. Joseph bat seinen Cousin Clemens, Jr. – der den Laden in der Nieuwendijk betrieb – nach Berlin zu fahren und mit einigen ihrer bevorzugten Lieferanten zu sprechen. Es waren einige Anstrengungen und erhebliche Überzeugungskünste erforderlich, um die Lieferanten dazu zu bewegen, viel günstigere Stoffe zu verwenden und sich auf die weiteren Anforderungen einzulassen. Als die Lieferanten jedoch die riesige Chance erkannten, die ihnen geboten wurde, stimmten sie Clemens, Jr. zu. Die günstigen Mäntel wurden in die Produktionslinie aufgenommen. Die einzigen Risiken, die die Hersteller zu tragen hatten, gingen mit dem Einkauf der Stoffe einher. Die so genannten Zwischenmeister waren letztendlich für die Herstellung der Mäntel verantwortlich und arbeiteten auf „Cut-Make-Trim“-Basis (Zuschnitt, Nähen und Veredelung). Dieses System hatte verblüffende Ähnlichkeiten mit der heutigen Vorgehensweise.

Einige Wochen vor der Eröffnung des Geschäfts auf der Nieuwendijk, das auf dem neuen Konzept beruhte, wurde eine Versuchsreihe mit Mänteln produziert. Diese waren hauptsächlich in Schwarz gehalten – wie das T-Modell von Ford, das einige Jahre später eingeführt wurde („Die Kunden können jede Farbe haben, sofern sie schwarz ist.“).
C&A gab seine Pläne in großflächigen Anzeigen bekannt. Der Erfolg war überwältigend. Ab dem ersten Verkaufstag fanden die Mäntel einen reißenden Absatz. Glücklicherweise waren die Lieferzeiten kurz und betrugen nur wenige Wochen. In den ersten Tagen war die Nachfrage so groß, dass das Personal in dem Geschäft offensichtlich überfordert war. Joseph beschloss zu handeln und sendete seinem Cousin Georg in Leeuwarden ein Telegramm:
„Bitte Verkäufer schicken.“ Georg nahm in seinem Antwortschreiben kein Blatt vor den Mund: „Wenn man ein Geschäft eröffnet, sollte man richtig vorbereitet sein.“Letztendlich schickte er jedoch einige Verkäufer aus Leeuwarden nach Amsterdam, die für einige Zeit aushalfen. Man kann sich ausmalen, wie überwältigend diese Erfahrung für sie gewesen sein muss. Einige Zeit später bot sich die Möglichkeit, einen überschüssigen Lagerbestand an Mänteln zum Spottpreis zu erwerben. Mit diesem neuen Konzept legte das Unternehmen noch einen Gang zu. Clemens, Jr. fuhr jeden Sonntagabend nach Berlin, kaufte dort unter der Woche einen Schwung Mäntel und stieg Freitagabend wieder in den Zug nach Amsterdam. Am Samstagmorgen, dem besten Verkaufstag, gingen die Mäntel unverzüglich in den Verkauf.
Die Wettbewerber von C&A waren sprachlos. Ihr einziger Konterangriff bestand in der süffisanten Bemerkung, C&A verkaufe Mäntel für Diener. Die Antwort von Joseph war typisch für ihn: „Lasst sie die Kunden bedienen, die mit der Kutsche kommen. Wir kleiden die Massen ein, die zu Fuß oder mit der Straßenbahn kommen.“

Sein letzter genialer Schachzug bestand darin, das Ladengeschäft in der Leidsestraat im Jahr 1906 zu schließen, auch wenn er noch bis 1913 in dem Gebäude lebte. Das große Haus wurde genutzt, um den jungen Familienmitgliedern, die sich in der Ausbildung befanden, Unterkunft und Verpflegung zu bieten. Seine Frau Olga kochte für die Auszubildenden in der dritten Generation und sorgte dafür, dass diese sich zu Hause fühlten – ein Umstand, dem Joseph weniger Beachtung schenkte.
In Leeuwarden wurden die Geschäfte auf alte und bewährte Weise fortgeführt. Georg, dessen Familie in Mettingen lebte, behielt ein wachsames Auge auf die jüngere Generation und ließ sich dabei von seiner rechten Hand, dem legendären Herr Niehüser, helfen. Nicht nur die Familienmitglieder, die sich in der Ausbildung befanden, sondern fast das gesamte Personal bekam zu dieser Zeit vom Unternehmen die Unterkunft gestellt. Sowohl im Geschäft als auch außerhalb standen die Mitarbeiter unter der Herrschaft der so genannten „Lady Manager“ – strenge Junggesellinnen, die für den Verkauf und das Personal verantwortlich waren. Die Neuausrichtung des C&A-Konzepts in Amsterdam markierte den Beginn einer außerordentlich erfolgreichen Ära. Deshalb beginnt diese Chronik der ersten hundert Jahre nicht im Jahr 1841, sondern im Jahr 1906. Clemens und August und ihre ältesten Söhne hielten auch nach diesem Richtungswechsel an ihren Grundsätzen fest. Diese Grundsätze – absolute Integrität und Glaubwürdigkeit – werden ausführlich im nächsten Abschnitt behandelt (nicht hierin enthalten), der sich mit den Persönlichkeiten und der Motivation der Firmengründerbeschäftigt.


Geschichten über Joseph
Es wird erzählt, dass Joseph ab und zu fragte: „Wann bin ich nach Nieuwendijk gekommen?“ Dann ließ er sich die Schaukurve mit der Entwicklung des Reingewinns geben. Daraus ging sehr deutlich hervor,an welchem Tag C&A mit dem Verkauf günstiger Mäntel begonnen hatte.
Man erzählt sich auch, dass er seine Verachtung kaum verbergen konnte, wenn auf einer Sitzung die Idee vorgebracht wurde, auch Mäntel für zehn Gulden zuverkaufen.
Apropos Motivation: Wenn ein Mitarbeiter schlechte Ergebnisse vorlegte, drehte Josef ihm den Rücken zu und las Zeitung.
Andererseits genoss er es, in den Sommermonaten, in denen das Geschäft traditionell ruhig war, ausgiebige Bergwanderungen mit

Cashflow-Berechnung ?

Wie andere Einzelhändler auch, waren Clemens und August, die Gründer von C&A, der Ansicht, dass BCP% die einfachste, aber auch wichtigste Kennzahl für die Rentabilität war. Joseph schenkte dem obersten Gebot der Warenwirtschaft jedoch keine Beachtung: „Das Sortiment muss gesteuert werden, damit die durchschnittliche BCP%-Marge über den durchschnittlichen Betriebskosten (%) liegt.“ Dies kann mit der folgenden Gleichung veranschaulicht werden:

Im Jahr 1905 beliefen sich die Betriebskosten auf 45 % des Umsatzes. Joseph verkaufte all seine neuen Mäntel mit einem BCP von 17 % und seine Ausgaben stiegen (aufgrund der höheren Anzahl an Verkäufern). Der gesunde Menschenverstand legt nahe, dass er nun einen Verlust verzeichnen müsste (17 % BCP% - 45 % Ausgaben < 0). Innovationen beruhen häufig darauf, dass der gesunde Menschenverstand hinterfragt und als fehlerhaft entlarvt wird. Joseph hatte erkannt, dass die Betriebskosten (Miete, Gemeinkosten, Gehälter etc.) keinen festen prozentualen Anteil der Umsätze ausmachen. Stattdessen rechnete er in Cents. (Auf niederländisch: „Rekenen in Centen, in Plaats van Procenten.“)

Bei Versuchen wurde mit den neuen Mänteln ein höherer Cashflow – Gewinn pro Stück = (Verkaufspreis - Kaufpreis) x TOS) – als mit den alten Mänteln (50 % BCP) erzielt. Folglich stieg der BCP Fund in Euro insgesamt. Von nun an lautete die neue Daumenregel von C&A:

„Wenn man mehr Geld erwirtschaftet (BCP Fund), erwirtschaftet man auch unabhängig vom BCP% mehr Geld.“


In Englischen „Counting Cash“ C&A Schulungshandbuch wird das System näher erläutert.

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